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DISKURSTYPEN nach Lacan

(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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Tipos de discurso según Lacan

Vgl.:

Diskursanalyse / Text / Textlinguistik / Sprechaktheorie / Kommunikation / Enunciado / Oración / Fokus / Stil / Proposition / Thema – Rhema / Kommunikative Satzperspektive / Verstand – Vernunft / Satz / Symbolik – Diskursive vs. Präsentative 

 Diskurstheorie und Diskurstypen nach Lacan

Teoría del discurso y tipos de discurso según Lacan

„Die Literatur und die Kunst haben auf ihre Weise seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts diese Frage berührt und sie haben jene Nichtidentität zwischen Subjekt und Welt aufgezeigt, die in diesem Jahrhundert sich zu einer nie dagewesenen Spannung gesteigert hat; die Psychoanalyse entstand gleichzeitig als die Bemühung, die Wahrheit des Subjekts in einer sich auflösenden Welt bewusst zu machen. Die «sich auflösende Welt» ermöglichte es, dem Abgrund, vor dem das Subjekt in seiner Gespaltenheit steht, klar und illusionslos ins Auge zu blicken, während umgekehrt die Auflösung der Subjektivität in Kunst und Literatur auch eine Metapher der verkehrten Welt ist.

Diese Zusammenhänge führen zu methodologischen Konsequenzen: Neurose, Hysterie, Perversion und Paranoia sind keine bloßen, klinischen Fälle, sondern vielmehr Diskurstypen, die die Abenteuer des sich verirrenden Begehrens der Subjekte darstellen. Wenn das so ist, dann ist es möglich, in der Geschichte diese Diskursvarianten zu entdecken und jene als die Geschichte von begehrenden, benannten Subjekten zu begreifen, sie also weder auf bloßen anonymen systemtheoretischen Kalkül, noch auf imaginäre Alltagserfahrung zu reduzieren. [...]

Es gibt zwanghafte, hysterische, perverse und psychotische Subjekte und jedes Subjekt trägt diese Möglichkeiten in sich; diese Fixierungen können jedoch niemals durch «gesellschaftliche Verhältnisse» wegerklärt werden, denn es geht dabei um ethische Fragen. Andererseits gibt es die Demokratie und die Diktatur, den Feudalismus und die Warenwirtschaft, den Monotheismus und die Gnosis, und diese kulturgeschichtlichen Systeme können nicht durch «subjektive Erfahrungen» allein verstanden werden.

Was uns hier interessiert, ist jene «Schaltstelle», jener Ort, von dem aus die Subjekte gleichsam von «innen» her nach «außen» blicken und dort entdecken, dass jenes «außen» wieder nach «innen» verweist, aber vermittels von Verschiebungen und Verdichtungen. Dabei ist dieses Innen-Außen-Verhältnis gleichzeitig mit dem Vergangenen und dem Zukünftigen verschränkt. Dies bedeutet, dass die Verwendung der psychoanalytischen Terminologie mehr als eine Metaphorisierung, aber weniger als eine Systemtheorie impliziert. Die handelnden Subjekte interessieren sich nicht für Systeme, sondern nur für die verschiedenen, immer mangelorientierten, d.h. durch Lust-Unlust regulierten Möglichkeiten, sich in jenen Systemen «einzurichten», zwischen ihnen eine Wahl zu treffen oder eine neue Variante zu erfinden. Die Handlungszusammenhänge, in denen die Subjekte mit dem Anderen vermittels ihres Begehrens verstrickt werden, sind die Diskurse.

Der Diskurs ist die symbolische Form, in der das Unbewusste sich in den sozialen Beziehungen manifestiert; er kann nicht beliebig und bewusst eingeführt oder abgeschafft werden. Man kann die sozialen Verhältnisse nicht verstehen, ohne nach dem Begehren der implizierten Subjekte zu fragen. Man kann aber ebenso wenig diese Verhältnisse erklären, wenn man auf der imaginären Ebene der individuellen oder kollektiven manifesten Wünsche stehen bleibt.

Der Diskurs ist trotz seiner «abstrakten» Struktur keine «Metasprache». Wenn die Sprache, das linguistische System, das eine Gemeinschaft von Subjekten bewohnt, und das Sprechen, das Funktionieren dieses Systems in den Sprechen ist, so muss man (drittens) die Produktion von homogenen Wortketten in Sprechergemeinschaften berücksichtigen, welche sich mit den linguistisch definierten Gemeinschaften nicht decken. Es gibt Worte, die einander ähnlich sind, indem sie sich auf dieselbe Objekte beziehen, nach derselben Ordnung strukturiert sind und dieselbe Wirkung haben.

Jeder Diskurs setzt ein Sprechen voraus, aber nicht jedes Sprechen organisiert sich zum Diskurs. Es gibt ein wildes, freies oder zensiertes Sprechen, dessen Aufgabe es ist, «unabhängig» zu sein. Die Grenzen des Diskurses werden durch den Tod, die Gewalt, den Wahnsinn, den sexuellen Akt, das Lusterleben angegeben.

Der Diskurs ist von vornherein eine soziale Beziehung. Es gibt keine Gemeinschaft zwischen den Menschen, die sich nicht in der Sprache gründet. Der Diskurs ist das, was in der Sprache die soziale Beziehung unter den sprechenden Subjekten stiften kann.

Ein Diskurs kann ausgehend von drei Termen definiert werden: Signifikant, Subjekt und Objekt. Aber der Signifikant existiert nur als Differenz; der Schrei weist selbst auf das Schweigen hin, es gibt kein singulär daseiendes Phänomen für die sprechenden Subjekte, es gibt mindestens eine Verschiebung zwischen zwei Termen: deswegen die signifikante Dyade. Der Diskurs benötigt also vier Terme, die auf vier Positionen einen Platz bekommen. Diese Struktur hat eine dominante Position, von wo aus der Sinn, die Richtung des Begehrens ausgeht. Ein empirisches Subjekt kann gleichzeitig in mehreren bzw. in allen Positionen Platz nehmen, denn das Unbewusste kennt keinen Widerspruch.

Jede Analyse eines Diskurses geht von einer vierfachen Fragestellung aus:

1.         In wessen Namen wird dieser Diskurs gehalten? D. h. was oder wer organisiert auf manifeste Weise diesen Diskurs, was oder wer spielt den bestimmenden Faktor?

2.        Was organisiert ihn latent, wo steckt die Wahrheit?

3.        Mit welcher Intention findet dieser Diskurs statt? Wer oder was ist der Andere, an den der Diskurs auf manifeste Weise gerichtet wird?

4.        Welche Art ist das Produkt, das Ergebnis dieses Diskurses?

Die Terme sind keine Zeichen im mathematischen Sinne, d.h. keine mit sich selbst identischen Terme, sondern Signifikanten, die dem dialektischen Wesen des Unbewussten Rechnung tragen und die von Diskursform zu Diskursform, mit dem Platzwechsel, ihre Bedeutung ändern.

Eine Diskursform ist ein Grundmuster, das unbestimmt viele Varianten aufweisen kann. Diese Varianten zu identifizieren, ist eine Sache des Gespürs und der konkreten Analyse der Geschichte der Subjekte, deren Realität das unaufhörliche Mischen und Ineinandergehen aller Diskursformen in allen ihren Varianten ist. Dadurch wird die Realität (innere und äußere) «lesbar».

Das, was alltäglich stattfindet, ist keine Kommunikation, also Mitteilung von Informationen, sondern eine Verschiebung von verschiedenen Diskursen ineinander. Im Unterschied zur Masse, die über imaginäre Identifikationsprozesse gebildet wird, ist der Diskurs eine Beziehung, die nur symbolisch zusammenzuhalten ist, in der es genügt, dass einer austritt, damit sie aufhört zu existieren; sie ist eine symbolische Reduktion der Masse, von der sie jedoch überlagert wird. Der Diskurs ist nie universell, er zerfällt in einer Vielfalt von Formen.

Die Subjekte versuchen mit diesen Formen das Reale, das Unmögliche, zu umreißen. Das misslingt immer wieder, es führt aber auch zu partiellen Ergebnissen und man muss neu anfangen, natürlich unter veränderten Bedingungen. Wenn Freud von drei unmöglichen Berufen spricht, Regieren, Erziehen und Psychoanalysieren, dann, weil es kein positives Wissen über sie geben kann: sie bewegen sich ständig am Rande des Misserfolgs oder des Betrugs. Lacan sieht in ihnen die Diskurse des Herren, des Wissens, des Analytikers. Er ergänzt die Reihe mit dem Diskurs der Hysterie: es ist unmöglich jemanden (den Anderen) zu zwingen, etwas zu begehren.

Die Bedeutung der Sprachwissenschaft für die Psychoanalyse liegt darin, dass letztere keine Mythologie, sondern eine Diskursanalyse ist, und das kann sie nur leisten aufgrund des Symbolischen, das gegenüber dem Imaginären und dem Realen eine Selbständigkeit bewahrt, welche durch die Tradition der Hermeneutik, des Intuitionismus und der Naturphilosophie z.T. in Frage gestellt wird.”

[Lipowatz, Thanos: Die Verleugnung des Politischen. Die Ethik des Symbolischen bei Jacques Lacan. Weinheim und Berlin: Quadriga Verlag, 1986, S. 25-28]

Diskurs der Herren

Diskurs der Universität

Diskurs des Hysterischen

Diskurs des Analytikers

[Juranville, Alain: Lacan und die Philosophie. München: Klaus Boer Verlag, 1990, S. 441]

„Der Diskurs ist die symbolische Form, in der sich das Unbewusste in den sozialen Beziehungen manifestiert; er kann nicht beliebig und bewusst eingeführt oder abgeschafft werden. Er liefert in seinen verschiedenen Formen die Möglichkeit einer art »Spektroskopie« der sozialen Beziehungen, um zu wissen, »woran man eigentlich ist«. Man kann die sozialen Verhältnisse nicht verstehen, ohne nach dem Begehren der implizierten Subjekte zu fragen. Man kann aber ebenso wenig diese Verhältnisse erklären, wenn man auf der imaginären Ebene der individuellen oder kollektiven manifesten Wünsche stehen bleibt. Der Diskurs ist die »Mitte«, die in ihrer angemessenen Abstraktion, welche durch das Unbewusste zustande kommt, gleichzeitig die Konkretion (als Form des Begehrens, ihre Antriebsfeder) nicht preisgegeben hat.

Die Konkretion wird dadurch gewährleistet, dass der Ausgangspunkt zur Entdeckung einer Diskursform das sprachliche (allgemein: das symbolische, sinn-/unsinnträchtige) Material ist. Das Vorbild dafür liefert die psychoanalytische Praxis. Diese findet nur in einer besonderen, positiven, natürlichen Sprache statt, so dass für die menschlichen Beziehungen »man sagen kann, dass es keine Metasprache gibt« (J. Lacan)“

[Lipowatz, Athanasios: Diskurs und Macht. Jacques Lacans Begriff des Diskurses. Marburg/Lahn: Verlag Guttandin & Hoppe, 1982, S. 123]

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