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(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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Vgl.:

Form vs. Substanz / Ausdruck vs. Inhalt / Inhaltsform vs. Inhaltssubstanz / Ausdrucksseite vs. Inhaltsseite Ausdrucksform vs. Ausdruckssubstanz / Inhaltsstruktur / Bedeutungsstruktur / Inhaltsbezogene Grammatik / Sapir-Whorf-Hypothese / Humboldt, Wilhelm von / Energeia / Ergon / Innere Sprachform / Bedeutung / Referenz / Bedeutung und Bezug

Der Inhalt oder auch die Bedeutung eines Wortes ist ein uraltes Problem der abendländischen Sprachphilosophie. Verständlicherweise gehen auf diesem der Empirie schwer zugänglichem Gebiet die Theorien weit auseinander. In der neueren Zeit hat eine angelsächsische Gruppe (von L. Bloomfield bis P. W. Bridgman und L. Wittgenstein) die sprachlichen Äußerungen als Verhaltensmuster angesehen und dabei den Inhalt operational definiert (als Wortgebrauch, Gebrauchsbedingung, Bedingungstyp). Auch E. Leisi hat sich dieser Richtung angeschlossen und einen ersten Entwurf für eine strukturale Semantik - eine Konzeption, die vor einer Generation noch nicht möglich gewesen wäre - im deutschsprachigen Raum vorgelegt. Zugleich bestand eine mehr analytisch am ‘Inhalt’ arbeitende Gruppe um Ogden und Richards. Im Gegensatz zu dieser operationalen Richtung steht die im deutschsprachigen Raum entstandene Inhaltsforschung, die von Humboldt kommend und darin der Metalinguistik von B. L. Whorf nahestend den Weltbild-Gedanken vertritt und die Inhalte als eine geistige Zwischenweltansieht. Diese Schule um L. Weisgerber hat einerseits Zustimmung, andererseits heftige Kritik erfahren. Eine endgültige Bilanz wird in einer Kontroverse mit der neuen strukturalistisch bestimmten Inhaltsforschung zu erwarten sein.“ [Heupel, C., S. 101]

“Das Argument der Befürworter der Existenz eines Bedeutungskerns gegen ihre Kritiker, das isolierte Wort sei ja nicht ohne Bedeutung, löst die Streitfrage nicht, denn es ist keineswegs geklärt, was unter einem ‘isolierten Wort’ zu verstehen sei, noch, woher dieses ‘seine’ Bedeutung erhielte. Mit Wittgenstein wäre zu sagen, dass ein sprachlicher Ausdruck sich nicht völlig von jeglichem Kontext isolieren lasse. Ein Wort wird verstanden als Wort einer Sprache, als Ausdruck, der einen Platz in einer Grammatik derselben hat. (Vgl. dazu PhU, §§ 199, 432, 514, 525, 583-584, 663; Ph Gr, S. 130f.). Ein isoliert vorgestelltes Wort zu verstehen, heiße etwa, den von ihm ausgehenden Verweisungen auf Sprachspiele zu folgen, in denen es nach allgemeinem Gebrauch verwendet werden könne. «’Ein Wort verstehen’ kann heißen: Wissen, wie es gebraucht wird; es anwenden können.» (Ph Gr., S. 47; PhU, § 525). Das Paradigma des schlechthin isolierten Wortes ist für Wittgenstein der Ausdruck einer Privatsprache. In Bezug auf eine Privatsprache kann jedoch nicht ohne weiteres mehr von einer ‘Sprache’ gesprochen werden. Eine Privatsprache bestünde aus Zeichen, die keinerlei Gebrauch hätten, damit jedoch auch keinerlei Bedeutung.

Das Problem des Bedeutungskerns resultier aus einer bestimmten Sprachbetrachtung. Es wiederholt sich in verschiedenen Sprachtheorien in verschiedener Form, ist nun von einem «signifié» und einem «Designat» oder einem «Akttypus», etc. die Rede. Grundlegend für diese Betrachtungsweise ist die Unterscheidung grammatischer Formen und lexikalischer Inhalt. Ein Ausdruck habe Bedeutung, heißt für jede systematische Sprachbeschreibung, er weise wiederholt auf etwas Bestimmtes. Wittgenstein hingegen unterscheidet nicht systematisch zwischen einem verbalen (Ausdruck) und averbalen (Inhalt) Bereich. In Sprachspielen ist beides miteinander verwoben. Das Problem des Bedeutungskerns stellt sich für ihn nicht, weil er die Bedeutung von Wörtern nicht auf ihre Bedeutung als sprachliche Einheit reduziert. Wörter haben Bedeutung in den Lebenszusammenhängen, in denen sie von Bedeutung sind. Löst man sie, als sprachliche Einheiten, aus diesen Zusammenhängen, so kann streng genommen nicht mehr von Wörtern die Rede sein.

Der pragmatische Zug der Wittgensteinschen Reflexionen liegt somit nicht in der Einführung besonderer, pragmatischer Sprachregeln, die die Restriktionen der Semantik auf eine Kernbedeutung in kontrollierter Weise lockerten oder die den Gebrauch besonderer, pragmatischer Ausdrücke regelten. Die Philosophischen Untersuchungen stellen weder eine Ergänzung semantischer Theorien noch eine Alternative zu ihnen dar. Wittgensteins Kritik an der systematischen Analyse ist die Reflexion ihrer Begrenztheit. ‘Unter Umständen’, zu bestimmten Zwecken, mag es sinnvoll sein, vom tatsächlichen Gebrauch der Wörter abzusehen und mit einem Explikandum und dessen Explikation einen Gegenstandsbereich festzusetzen. Sprachwissenschaftliche Theorien erfinden, um eines überschaubaren Gegenstandes willen, Sprachen – die Sprache ‘L’, diejenige der Sprechakte, u. a. Wittgensteins Kritik an Sprachtheorien ist pragmatisch, insofern er ihren zweckgebundenen, pragmatischen, Charakter im Bewusstsein hält und auf die mit ihrer Funktion als Mittel verbundene Begrenztheit hinweist.”

[Nowak, Reinhard: Grenzen der Sprachanalyse. Tübingen: Gunter Narr, 1981, S. 226-227]

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