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TEXT Deutsche Zitate

Citas alemanas sobre texto

(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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Vgl.:

Kontext / Diskurs / Satz / Enunciado /  Literatur / Textlinguistik / Funktionale Satzperspektive / Fokus / Stil / Mitteilungsperspektive / Thema – Rhema / Bedeutung [Beitrag von Ramón Trujillo –auch seine Auffassung des Texto virtual in Principios de semántica textual, Madrid, 1996, S. 233 ff] / Intertextualität / Kontext(ualität) / Sprechakte / Illokution / Interpretation / Dekonstruktion

 

«Ein Text ist nicht eine Linie aus Worten, die eine einzige, theologische Bedeutung entfaltet ... Ein Text ist vielmehr ein mehrdimensionaler Raum, in dem eine Vielzahl von Geschriebenem, nichts davon original, zusammenfällt und sich vermischt. Ein Text ist ein Gewebe aus Zitaten, welche aus den zahllosen Zentren der Kultur gezogen werden.» [Roland Barthes]

„Der Text, den ihr schreibt, muss mir beweisen, dass er mich begehrt. Dieser Beweis existiert: es ist das Schreiben. Das Schreiben ist dies: die Wissenschaft von der Wollust der Sprache, ihr Kamasutra (für diese Wissenschaft gibt es nur ein Lehrbuch: das Schreiben selbst).“

[Barthes, Roland: Die Lust am Text. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1974, S. 12]

„Als Robinson Crusoe am Strand Freitags Fußspuren entdeckte, denotierten sie konventionell «Mensch», konnotierten aber auch «barfüßig». Da sie auch mit einem Richtungsmerkmal im Sand eingedrückt waren, war der Kontext //Fußspur + Lage + Richtung// auch ein Text mit der Bedeutung «hier ist ein Mensch vorbeigegangen».”

[Eco, Umberto: Semiotik. Ein Entwurf einer Theorie der Zeichen. München: Wilhelm Fink Verlag, 2., korrigierte Ausgabe 1991, S. 295, Anm. 22]

„Auch diese Geschichte hat nichts mit einer möglichen Interpretation meines Buches zu tun. Hat sie eine Moral, so diese, dass das Privatleben der empirischen Autoren in gewisser Weise undurchdringlicher ist als ihre Texte. Ich habe sie nur erzählt, weil es auch eine Psychologie und eine Psychoanalyse der Texterzeugung gibt, die uns innerhalb ihrer Grenzen und Ziele helfen, das Funktionieren des Lebewesens Mensch zu verstehen. Zum Verstehen dessen, wie das Lebewesen Text funktioniert, sind sie aber zumindest prinzipiell, irrelevant.

Zwischen der geheimnisvollen Geschichte der Hervorbringung eines Textes und der unkontrollierbaren Abdrift seiner zukünftigen Interpretation ist der Text als Text eine beruhigende Gegenwart, ein Parameter, an den man sich halten kann.“

[Eco, Umberto: Die Grenzen der Interpretation. München / Wien: Carl Hanser, 1992, S. 167-168]

„In einem Rückblick auf sein bahnbrechendes erstes Werk erläuterte Eco die Arbeit des Lesers am Text wie folgt: »Der Text ist eine Maschine im Zustand der Faulheit, die vom Leser eine unablässige Mitarbeit erfordert, um die leer gebliebenen Stellen des Nichtgesagten oder des ausgesparten schon Gesagten auszufüllen« (Lector in Fabula, Milano 1979; übersetzt nach der frz. Ausgabe, Paris 1985, S. 29).“

[Jauss, Hans Robert: „Einleitung. Drei Abhandlungen zum Streit der Interpretationen“. In: Eco, Umberto: Streit der Interpretationen. Konstanz: Universitätsverlag, 1987, S. 12]

„Wenn der Text, wie sich nach und nach zeigen wird, tatsächlich eine träge Maschine ist, welche dem Leser ein hartes Stück Mitarbeit abverlangt, um gewissermaßen die weißen Stellen, die frei geblieben sind, die Räume des Nicht-Gesagten und des Schon-Gesagten auszufüllen, so ist der Text nichts anderes als eine Präsuppositionsmaschine.“

[Eco, Umberto: Lector in Fabula. Die Mitarbeit der Interpretation in erzählenden Texten. München-Wien: Carl Hanser Verlag, 1987, S. 29]

„Während in der gegenwärtigen Auseinandersetzung das Vorrecht der Initiative des Lesers (als einziges Definitionskriterium des Textes) besonders herausgestellt wurde, befasste die klassische Diskussion sich vor allem mit der Gegenüberstellung der folgenden beiden Programme:

a)  man muss im Text nach dem suchen, was der Autor sagen wollte;

b)  man muss im Text nach dem suchen, was er unabhängig von den Intentionen seines Autors sagt.

Nun wenn man den zweiten Pol dieser Gegenüberstellung akzeptierte, konnte man eine weitere Gegenüberstellung formulieren:

b1) man muss im Text nach dem suchen, was er in Bezug auf seine eigene kontextuelle Kohärenz und auf die Signifikationssysteme sagt, auf die er sich bezieht;

b2) man muss im Text nach dem suchen, was der Adressat in Bezug auf seine eigenen Signifikationssysteme und / oder seine eigenen Wünsche, Impulse, Vorlieben in ihm findet.

Diese Diskussion über den Sinn des Textes ist zwar von größter Wichtigkeit, fällt aber keineswegs zusammen mit der Diskussion über den Gegenstand zwischen generativem und interpretativem Ansatz. Denn man kann durchaus einen Text generativ beschreiben, ihn in seinen angeblich objektiven Merkmalen betrachten – und dennoch der Ansicht sein, dass das generative Schema, das ihn erklärt, nicht die Intentionen des Autors wiedergeben möchte, sondern vielmehr die abstrakte Dynamik, der gemäß die Sprache sich in Texten aufgrund eigener Gesetze koordiniert und unabhängig von den Absichten des Emittenten Sinn erzeugt.

Ebenso kann man einen hermeneutischen Standpunkt einnehmen und dabei annehmen, Ziel der Interpretation sei die Suche nach dem, was der Autor wirklich sagen wollte, oder nach dem, was das Sein vermittels der Sprache sagt, ohne im Übrigen der Meinung sein zu müssen, das Wort des Seins sei definierbar aufgrund der Impulse des Adressaten. Man müsste also die weitgespannte Typologie untersuchen, die entsteht aus dem Sichüberkreuzen der Option Generierung und Interpretation mit der Option zwischen Intention des Autors, des Werkes oder des Lesers; und diese Typologie gäbe allein nach den Regeln abstrakter Kombinatorik die Möglichkeit zur Formulierung mindestens sechs grundverschiedener Theorien und Methoden der Textbehandlung.

Ich habe unlängst zu zeigen versucht, dass das Mittelalter angesichts der unbezweifelbaren Fähigkeit eines Textes, unendlich viele oder nicht festgelegte Interpretationen anzuregen, bei der Suche nach der Vielheit der Bedeutungen dennoch an einer Vorstellung vom Text festgehalten hatte, während die Welt der Renaissance, inspiriert von der neuplatonischen Hermetik, den idealen – nämlich poetischen – Text als einen solchen zu definieren versuchte, der alle möglichen, auch die widersprüchlichsten Auslegungen erlaubt.

An diese Grenze wird heute die Theorieschlacht um eine Neudefinition der Rolle der Interpretation geschlagen. Doch erzeugt der Gegensatz Mittelalter-Renaissance einen sekundären Gegensatz innerhalb des Renaissancemodells. Denn die hermetisch-symbolische Lektüre des Textes kann auf zweierlei Arten erfolgen:

Auch wenn man sagt, ein Text könne unendlich viele Interpretationen stimulieren und il n’y a pas de vrai sens d’un texte (Valéry), so ist damit noch nicht entschieden, ob die Unendlichkeit der Interpretationen von der intentio auctoris, der intentio operis oder der intentio lectoris abhängt. [...]

Es kann also eine Ästhetik der unendlichen Interpretierbarkeit poetischer Texte geben, die mit einer Semiotik der Abhängigkeit der Interpretation von der intentio auctoris einhergeht, und es kann eine Semiotik der univoken Interpretation von Texten geben, die nicht an die intentio auctoris gebunden sein will, sondern der intentio operis das Vorrecht einräumt. Man kann durchaus einen Text als unendlich interpretierbar lesen, den sein Autor als absolut univok konzipiert hatte (etwa bei einer phantasierenden und gänzlich danebenliegenden Interpretation des katholischen Katechismus oder – um sich nicht auf Science-fiction-Hypothesen einzulassen – bei der Interpretation eines Textes von Searle durch Derrida 1977). Es ist möglich, einen Text als unendlich interpretierbar zu lesen, der von der intentio operis her ganz gewiss nicht mehrdeutig ist, zumindest, wenn man sich an die Konventionen der Gattung hält: Ein als solches abgeschicktes Telegramm mit dem Wortlaut Ankomme morgen Mittwoch 21. um 22.50 kann drohende oder hoffnungsvolle Untertöne haben.

Andrerseits kann jemand einen Text als univok lesen, den sein Verfasser als unendlich interpretierbar konzipiert hat (das wäre der Fall des Fundamentalisten, wenn der Gott Israels der Vorstellung der Kabbalisten entspricht). Man kann einen Text als univok lesen, der unter dem Gesichtspunkt der intentio operis verschiedene Interpretationen zulässt, zumindest, wenn man sich an die Gesetze der Sprache hält: das wäre der Fall von They are flying planes, gelesen von einem Beobachter des Flugverkehrs, oder der Fall dessen, der den Ödipus als Kriminalroman liest, bei dem es nur darauf ankommt, den Schuldigen zu finden.

Das ist der Hintergrund, vor dem wir einige der Richtungen zu untersuchen haben, die sich heute mit den Problemen der Interpretation beschäftigen. Die Literatursoziologie etwa befasst sich hauptsächlich mit dem, was der Einzelne oder eine Gemeinschaft mit Texten anfangen. Sie kümmert sich in diesem Sinn nicht um die Unterscheidung intentio auctoris, operis oder lectoris, weil sie nur den Umgang der Gesellschaft mit den Texten registriert, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob dieser Umgang richtig oder falsch sei. Die Rezeptionsästhetik hingegen geht von dem hermeneutischen Prinzip aus, dass das Kunstwerk durch die Interpretationen, die es im Lauf der Jahrhunderte erfährt, immer mehr bereichert werde; sie betrachtet die Beziehung zwischen sozialer Wirkung des Werkes und Erwartungshorizont der sich in einer bestimmten geschichtlichen Situation befindlichen Adressaten; sie streitet aber nicht ab, dass die Interpretationen einer Hypothese über die Natur Tiefen-intentio des Textes entsprechen müssen. Ebenso sucht eine Semiotik der Interpretationen (Theorien vom Modell-Leser und von der Lektüre als einem Akt der Mitarbeit) gewöhnlich im Text nach der Gestalt des konstituierenden Lesers, und das heißt, dass auch sie in der intentio operis das Kriterium zur Bewertung der Manifestationen der intentio lectoris finden möchte.

Im Gegensatz dazu legen die verschiedenen Praktiken der Dekonstruktion das Gewicht auf die Initiative des Adressaten und auf die irreduzible Ambiguität des Textes, was diesen zum bloßen Stimulus für die Willkür der Interpretationen werden lässt. Doch darüber, dass die so genante Dekonstruktion keine kritische Theorie, sondern ein Archipel verschiedener Einstellungen und Methoden ist, liest man besser bei Ferraris (1984), Culler (1982), Franci (1989) nach.”

[Eco, Umberto: Die Grenzen der Interpretation. München / Wien: Carl Hanser, 1992, S. 35-39]

Symbol und Mythos

Viele moderne Theorien haben das Symbol zu strikt mit dem Mythos identifiziert. Wenn ein Mythos eine Erzählung ist, dann ist er folglich auch ein Text, und dieser Text ist – wie Bachofen gesagt hat – die Exegese eines Symbols. Betrachten wir also den Mythos als Text, nehmen wir ihn – metaphorisch gesprochen – als das alles übersteigende Beispiel jedes möglichen Textes. Ein Text ist der Ort, an dem die irreduzible Polysemie der Symbole tatsächlich reduziert wird, weil die Symbole im Kontext verankert sind. Das Mittelalter hatte recht, wenn es verlangte, dass man die Regeln kontextueller Vereindeutigungen beachten sollte, um die übertriebene Fruchtbarkeit der Symbole zu steuern.

Das Moderne Empfinden geht im Gegensatz dazu mit den Mythen um, als seien diese Makrosymbole, und obwohl es die unendliche Polysemie der Symbole anerkennt, beachtet es doch nicht mehr die Disziplin, die die Mythen denjenigen Symbolen auferlegen, die sie selbst beinhalten. So sind viele moderne Theorien unfähig zu erkennen, dass Symbole zwar paradigmatisch für unendliche Bedeutungen offen sind, syntagmatisch aber, d. h. textuell, nur offen für unbestimmte, auf keinen Fall jedoch – weil durch den Kontext reguliert – offen für unendliche Interpretationen.

Dieses Prinzip zu beachten, heißt nicht, dass man die »repressive« Idee unterstützt, nach der ein Text nur eine einzige Bedeutung hat, die von einer Interpretationsautorität garantiert wird. Vielmehr besteht jeder Akt des Interpretierens aus der Dialektik von Offenheit und Form, die sich aus der Einstellung des Interpreten und den kontextuellen Zwängen ergibt. Es ist ein Unterschied, ob man sagt: »Es gibt keine bestimmbare Wahrheit in den Texten, die wir über die Welt erarbeiten«. Das Mittelalter irrte, als es die Welt als Text verstand, die Moderne irrt, wenn sie den Text als Welt betrachtet.

Text sind menschliche Versuche, die Welt auf ein handliches Format zu bringen, das zugleich offen ist für die intersubjektive, erläuternde Rede. Wenn also Symbole in einen Text eingefügt werden, dann gibt es vielleicht keinen Weg zu bestimmen, welche der Interpretationen, die sie evozieren, als »gut« zu bezeichnen wäre. Man kann jedoch immer auf der Basis des Kontextes entscheiden, welche Interpretation nicht dem Versuch nach Verständnis »dieses« entspricht, sondern eher einer halluzinatorischen Reaktion des Adressaten.“

[Eco, Umberto: Streit der Interpretationen. Konstanz: Universitätsverlag, 1987, S. 29]

Der sprachliche Text

Jede zusammenhängende, isolierbare Gruppe aktualisierter Sprachzeichen bildet einen sprachlichen Text. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Text mündlich oder schriftlich realisiert ist. 

Textkonstitution und Textkonstituentien:

Beziehungen, die einen Text immanent zusammenhalten und nach außen isolieren, nennen wir Textkonstituentien (zu lat. constituere, frz. constituer = begründen). Der entsprechende Prozess, durch den Texte als Texte zustande kommen, heißt Textkonstitution. Es ist noch nicht genügend geklärt, wieweit Texte allein durch immanente Textkonstituentien zustande kommen und welche Rolle der soziale Kontext bei der Textkonstitution spielt.

Das wichtigste immanente Textkonstituens ist in der Substitution von Sememen durch anaphorische Pronomina (= wiederaufnehmende Pronomina) zu sehen. Nehmen wir etwa folgenden Text: «Hulstkamp ist ein Klarer aus Korn; er ist sehr mild, sehr bekömmlich – und mit großer Umsicht gebraut. Sie sollten ihn wirklich mal probieren.» Die Einheit dieses Textes ist dadurch gewährleistet, dass das Semem ‘Hulstkamp’ danach durch die anaphorischen Pronomina ‘er’ bzw. ‘ihn’ substituiert wird. [...]

Syntagmatische Beziehungen:

Alle Beziehungen zwischen Elementen eines sprachlichen Textes heißen syntagmatische Beziehungen. Dabei kann es sich um Beziehungen zwischen Phonemen, Morphemen, Sememen, Komplexen von Sememen, ganzen Sätzen sowie Mengen von Sätzen handeln.

Zu den syntagmatischen Beziehungen gehören z.B. alle grammatischen Beziehungen. Die vielleicht auffälligste syntagmatische Beziehung in sprachlichen Texten bildet die Wiederholung des gleichen Elements an verschiedenen Stellen des Textes. Wir nennen solche Wiederholungen Rekurrenzen (zu lat. recurrere = wiederkommen).

Denotation und Konnotation im sprachlichen Text:

Für den sprachlichen Text gilt ganz wie für alle übrigen Texte, dass Signifikate denotiert sind, wenn ihr Signifikant Element der Menge von Textzeichen ist, und konnotiert, falls das nicht der Fall ist, falls ihr Signifikant aber zur Menge der Paradigmata der Textzeichen gehört.

Die Struktur der Isotopie:

In einem sprachlichen Text werden von jedem Semen aus semantischen Paradigmata konnotiert, d.h. es werden Klasseme projiziert. Diese Klasseme haben jedoch keineswegs alle die gleiche Bedeutung. Manche tauchen nur einmal auf und werden bald vergessen. Demgegenüber sind andere rekurrent. Die rekurrenten Klasseme bzw. Konnotate spielen bei der semantischen Textkonstitution eine wichtige Rolle.

„Die Isotopie als gefügte Klassem-Hierarchie

In einem Text erfüllen die rekurrierenden Klasseme eine äußerst wichtige Funktion: sie garantieren den Zusammenhang der Rede, schließen Widersprüchlichkeit aus und sorgen so für Verständlichkeit. In einem geschlossenen Textabschnitt ordnen sich die rekurrierenden Klasseme zu eine einheitlichen Gesamtstruktur zueinander. Der Text ist nur die Entfaltung dieser Struktur, die wie Isotopie (griech. = gleiche Ebene) nennen wollen. Nehmen wir noch einmal den Text über ein Abs-Interview:

«Abs sprach sich in der Sendung für absolute Priorität der Währungsstabilität aus, auch auf Kosten des Wachstums, und interpretierte ausführlich seine ablehnende Meinung aus den Jahren 1968 und 1969 gegen die Aufwertung der Deutschen Mark.»

Das rekurrierende Klassem ist ‘Währung’. Diesem Klassem sind weitere rekurrierende Klasseme untergeordnet, vor allem die Opposition stabil vs. instabil. Die Gruppe Währung als ganze steht in Opposition zu einer Klassemgruppe ‘Konjunktur’, die durch das Lexem ‘Wachstum’ projiziert wird. Die Isotopie wird durch diese binäre Opposition von Klassemgruppen konstituiert. Viele Isotopien sind auf eine Binäropposition aufgebaut.

Bruch der Isotopie:

Als Erscheinungsweise psychischer oder geistiger Störungen findet sich der Bruch der Isotopie in der alltäglichen Rede. So fallen manche Sprecher aus einer beliebigen Isotopie (etwa der romantischen Klaviermusik) plötzlich in eine andere Isotopie, die Isotopie ihrer «fixen Ideen» (etwa die gelbe Gefahr [= chinesischer Kommunismus]). Bekannt ist der «freudsche Versprecher», bei dem sich eine Isotopie auf der Ebene des Unbewussten in die Isotopi auf der Ebene des Bewussten drängt.

Beim «freudschen Versprecher» handelt es sich meistens um eine lautliche Ähnlichkeit zwischen einem Semem der bewussten Isotopie und einem Semem der unbewussten Isotopie. Wird dieser Bruch bewusst angewandt, so sprechen wir von Isotopiemodulation (zum musikal. Terminus Modulation = Tonartenwechsel).

Eine ganze Gattung von Witzen ist auf Isotopiemodulation aufgebaut. Ein Beispiel:

–So, Sie waren in Rom. Haben Sie denn auch die Sixtinische Kapelle gesehen!

–Ja, tolle Burschen, besonders der Schlagzeuger.

Hier wird zuerst eine Isotopie 1 mit den Klassemen Kunst, historische Monumente usw. aufgebaut. Dagegen wird plötzlich eine Isotopie 2 mit dem Klassem Musik, Schlager usw. gestellt. Der Wechsel, d. h. die Modulation, geschieht über einen Aktanten, der ein Homonym darstellt und deshalb beiden Isotopien angehört.“

[Link, Jürgen: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe. Eine programmierte Einführung auf strukturalistischer Basis. München: Wilhelm Fink Verlag, 1974, S. 67, 69-71, 73, 75, 78-79 ]

Text ist eine Menge von Sätzen. H. Glinz versteht darunter ein von seinem Hersteller mehr oder minder dauerhaft intendiertes Sprachgebilde, das in Schrift, Ton oder im Gedächtnis aufbewahrt werden kann. In der kybernetischen Sprachtheorie ist Text eine bestimmte Zeichenreihe, deren Zeichen aus einem vorgegebenen Inventar ausgewählt sind (G. Klaus). Für H. Weinrich sind Texte sinnvolle Abfolgen sprachlicher Zeichen zwischen zwei auffälligen Kommunikationsunterbrechungen. Sie bilden die größte sprachliche Einheit.“ [Heupel, C., S. 242]

Der Textbegriff:

"Einen nützlichen Ansatz zur Darstellung der dabei auftretenden Problematik gibt D. Wunderlich (1974: 386ff.), wenn er drei Textbegriffe unterscheidet: Text 1 als Bezeichnung für alle faktisch vorliegenden verbalen Äußerungen (Performanzprodukte), Text 2 als kompetentiellen Textbegriff, der alle kompetentiell möglichen Texte erfasst und nicht- wohlgeformte Texte 1 aufdeckt und erklärt, und schließlich TEXT als expliziten linguistischen und gegenüber Text 2 mehr oder weniger eingeschränkten Textbegriff. Wunderlich sieht als anzustrebendes Ziel der Textlinguistik eine Explikation von Text 2 - bzw. wie wir auch formulieren können, eine Annäherung von TEXT (als dem, was auf dem jeweiligen Forschungsstand linguistisch voll erfasst werden kann an Text 2."

(Lux, Friedemann: Text, Situation, Textsorte. Tübingen 1981, S. 250).“

[Zit. nach Michael Totschnig: Text(s)orte(n) - Die Linguistik, der Text und Bachtin. In:

http://www.unet.univie.ac.at/~a8704622/textsort.html]

„Ein Spracherzeugnis dürfte nur dann als Nicht-Text zurückgewiesen werden, wenn die Kriterien der Textualität so stark verletzt werden (z. B. durch völliges Fehlen jeglicher erkennbaren Kohäsion, Kohärenz und Situationsbezogenheit, etc.), dass kommunikative Verwendung ernstlich blockiert wird. Solch eine Grenzlinie kann von textexternen Faktoren abhängen, wie z.B. Toleranz und Vorwissen der Anwesenden oder verwendeter Textsorte.“ (Beaugrande, Robert-Alain de; Dressler, Wolfgang Ulrich: Einführung in die Textlinguistik. Tübingen 1981 (= Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 28), S. 35).

[Zit. nach Michael Totschnig: Text(s)orte(n) - Die Linguistik, der Text und Bachtin. In:

http://www.unet.univie.ac.at/~a8704622/textsort.html]

Text, der (lat. textum = Gewebe): Verbindung mehrerer (oft vieler) aufeinander folgender (Reihenfolge nicht beliebig vertauschbar), einen Sinnzusammenhang konstituierender Sätze zu einer größeren sprachl. Einheit (im Unterschied zur bloßen Reihe isolierter Einzelsätze), bei relativ konstanter Sprechsituation; als natürliche Form zusammenhängender Äußerung Grundeinheit sprachl. Kommunikation; artikuliertes (niedergeschriebenes) Textem; z. B.: Text mit inhaltlich benachbarten Wörtern, mit Pron. und Konj. als Konnektoren: Der Professor begann mit dem Vortrag. Zuerst grenzte er sein Thema ein. Dann nannte er Beispiele für dessen Aktualität. Dabei sprach er mit ruhiger, klarer Stimme, so dass wir Zuhörer in alle gut verstehen könnten ...; dagegen Reihe von Sätzen (mit z. T. gleichen Lexemen), ohne dass ein Text entsteht: Herr Dr. Müller ist Professor an der hiesigen Hochschule. Das Thema des Aufsatzes muss noch eingegrenzt werden. Geh ihm mit gutem Beispiel voran! Er sprach mit ruhiger, klarer Stimme. Kinder sind stets dankbare Zuhörer. Das verstehe ich nicht.“ [Ulrich, W., S. 120]

Text

(1)    Vortheoretische Bezeichnung formal begrenzter, meist schriftlicher Äußerungen, die mehr als einen Satz umfassen.

(2)    Begriff der Textlinguistik und Texttheorie: sprachliche Äußerungsform einer kommunikativen Handlung, die im einzelnen bestimmt ist (a) nach den pragmatischen, »textexternen« Kriterien einer kommunikativen Intention, die situationsspezifisch ist und auf eine entsprechende Hörererwartung trifft (Textfunktion), und (b) nach den sprachlichen, »textinternen« Merkmalen einer konsistenten, in der Regel wort- und satzübergreifenden Struktur, nämlich: Grenzsignale, grammatische Kohäsion, dominierendes Textthema und inhaltliche Kohärenz (Makrostruktur, Thematische Entfaltung); dazu kommen bei einem weiter gefassten Textbegriff noch Eigenschaften nichtverbaler Signale wie Mimik, Gestik (Nonverbale Kommunikation). Die textinternen und textexternen Faktoren begründen zusammen die Textualität einer abstrakten Einheit »Text« (Textem), die den konkreten Texten der Parole, den »Textvorkommen«, konstitutiv zugrunde liegt. Zusammen mit weiteren, nicht konstitutiven Merkmalen des Stils differenzieren sie je nach Ausprägung in einer Texttypologie verschiedene Klassen von Texten.” [Bußmann, H., S. 776]

Der Text und seine Merkmale

Ein Text (lat. textum, ‘das Gewebe, Gefüge’, von lat. texere, ‘weben, fügen’) ist zugleich Ergebnis eines produktiven Kommunikationsakts als auch Rezeptionsvorgabe für den Hörer/Leser. Er ist ein Stückt mündlicher oder schriftlicher Äußerung, die nach einem Kommunikationsplan in seiner Einheit von intentionalem, gegenständlich-thematischem und operationalem Aspekt zur Lösung einer bestimmten Kommunikationsaufgabe gestaltet ist.

In der Geschichte der Textlinguistik sind viele unterschiedliche Definitionen des Textes vorgeschlagen worden, die sich teilweise primär an konkreten Merkmalen der sprachlichen Gestalt (semiotische Textauffassung), teilweise an der sprachlich-kommunikativen Tätigkeit der Menschen (handlungstheoretische oder kommunikative Textauffassung) orientieren, teilweise auch nach einer Synthese aller wesentlichen Textmerkmale in einer „integrativen“ Definition streben (Viehweger, 1980, 6 ff.).

In jedem Falle handelt es sich bei einem Text um eine kommunikative, semantisch und formal-strukturelle Ganzheit, um eine kohärente Folge von Sätzen (im Extremfall Ein-Satz-Text), die nach einem Handlungsplan (Kommunikationsplan) entwickelt, auf ein gemeinsames Thema bezogen, sinnvoll und zweckentsprechend geordnet, durch bestimmte sprachliche Mittel (Verflechtungs- oder Vertextungsmittel) miteinander verknüpft sind.

Variabel sind dagegen folgende Merkmale von Texten: Sie können von einem oder von mehreren Sprechern/Schreibern produziert, für einen oder mehrere Rezipienten bestimmt, mündlich oder schriftlich realisiert sein. Sie können unterschiedlich umfangreich sein (Mikro- oder Kleintext, Makro- oder Großtext).

Gemeinsame Merkmale in verschiedenen Textdefinitionen:

- einheitliches Thema

- innere und äußere Gliederung (Komposition und Architektonik)

- lineare Abfolge der Sätze (Linearität)

- Kohärenz (Zusammenhang)

-   Äquivalenz (Gleichwertigkeit)

- Rekurrenz (Wiederholung sprachlicher Zeichen)

- Referenzialität (Bezug mehrerer Elemente eines Textes auf das gleiche Denotat)

- Folgerichtigkeit

- Abgeschlossenheit (Begrenzung am Anfang und Ende

Textprägendes Merkmal ist die Textkohärenz. Sie wird auf ganz unterschiedliche Ebenen von Texten bezogen.

Sie wird hergestellt:

a) rein formal:

       - durch Prowörter (Pronomen, Proadverbien, Pronominaladverbien)

       - durch Konjunktionen

       - Anaphora (rückwärtsweisenden Ausdrücke: daher, dennoch, dies)

       - Kataphora (vorwärtsweisende Ausdrücke: folgende)

b) textsemantisch resultiert die Kohärenz aus der Übereinstimmung verschiedener Elemente eines Textes in bestimmten semantischen Merkmalen (Semen), kommt zustande durch

     -   ein zentrales Thema als den begrifflichen Kern des Textes

     -   Referenzialität von Textelementen

     -   semantische Äquivalenz der Textelemente

c) pragmatisch-kommunikative Fundierung, sie schließt

     -   gemeinsames empirisches Wissen

-      gemeinsame Kommunikationsvoraussetzungen (so genannte Präsuppositionen) der Kommunikationspartnern (Textproduzent und Rezipient)

ein

Zu beachten ist das dialektische Verhältnis von sprachlichem Zeichensystem und Text:

Das sprachliche Zeichensystem ist nichtveräußerlichtes Bewusstsein (Möglichkeit).

Sprache als Text ist veräußerlichtes Bewusstsein (Sprache als Wirklichkeit).

Zeichensystem und Text setzen einander wechselseitig voraus. Dem Sprachwissenschaftler tritt (wie jedem Hörer und Leser) Sprache zunächst        in Gestalt von Texten entgegen.“

[Sommerfeldt/Starke: Einführung in die Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, S. 296 -298]  

Allgemeingültige Bedingungen der Textbildung

„Damit eine Satzfolge als Text verstanden werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt werden:

 

des Referenzzusammenhangs

 

der Lexikalisierung

Einheitlichkeit

der Mitteilungsperspektive

 

des temporalen Aufbaus

 

des übergeordneten Gesichtspunktes

Beispiel Mikrotext:

1. Ein Papagei wurde in einem St.-Moritzer Ferienhaus zum Brandstifter.

2. Er knabberte an der Reibfläche eines Zündholzbriefchens, das sich entzündete.  

3. Herabfallende Streichhölzer setzten den Teppich in Brand.

4. Die erschrockenen Hausbewohner konnten schließlich das Feuer löschen und ihren Liebling retten. (Tageszeitung).

Referenzzusammenhang:

Ein Papagei / Er, Brand(stifter) (1) -sich entzündete (2)-setzen ... in Brand (3)-Feuer (4).

Lexikalisierung:

wörtliche Wiederholung (Brand), Pronominalisierung (Papagei/er), Synonymie (Brand / Feuer; entzünden / in Brand setzen), Wortbildung (Ferienhaus / Hausbewohner). Dadurch kommt die Isotopie, die Gesamtheit der Bedeutungsbeziehungen zwischen Ersterwähnungen und Wiederaufnahmen im Text, zusammen. Diese Isotopie begründet die semantische Kohärenz eines Textes.

Mitteilungsperspektive:

Sie ergibt sich daraus, dass sich durch den ganzen Text eine Thema-Rhema- Kette hindurch zieht, dass die neue Information (das Rhema) eines folgenden Satzes an den Sinnertrag des vorherigen Satzes bzw. der vorhergehenden Sätze anknüpft: zum Brandstifter werden(1) - an der Reibfläche knabbern(2) - sich entzünden(2) - herabfallen(3) - den Teppich in Brand setzen(3) - die erschrockenen Hausbewohner (= die Hausbewohnen waren erschrocken) (4) - das Feuer löschen - ihren Liebling retten.

Temporaler Aufbau:

Die Einheitlichkeit des temporalen Aufbaus zeigt sich im durchgehenden Gebrauch des Präteritums, in der sprachlichen Darstellung der Teilvorgänge nach ihrer realen zeitlichen Abfolge und in dem Adverb schließlich im 4. Satz.

Der übergeordnete Gesichtspunkt:

Die Einheitlichkeit des übergeordneten Gesichtspunktes ergibt  sich aus dem einheitlichen Thema des Textes.“

 

Die Mitteilungsperspektive in Mikrotexten

Vgl.: Funktionale Satzperspektive

Aspekte der Satzverflechtung                                                                    

„Möglichkeiten und Probleme der Einbettung des Ganzsatzes in den sprachlichen Kontext:

Unter Kontext wird die Umgebung eines sprachlichen Mittels, im engeren Sinne die linguistische Umgebung, verstanden. Die Gesamtheit mit sprachlichen Mitteln ausgedrückter Beziehungen eines Ganzsatzes zu anderen Ganzsätzen innerhalb eines Textes werden als Satzverflechtung bezeichnet. (Der außersprachliche Kontext und die textpragmatische Kohärenz sind nicht Gegenstand der Textlinguistik.) Die Textverflechtung lässt sich unter folgenden Gesichtspunkten untersuchen:

1. Verflechtungsrichtung (: entrelazamiento)

Es überwiegen in den Texten rückwärtsweisende (anaphorische) Verflechtungs- oder Vertextungsmittel, die sich auf sprachliche Ausdrücke in Vorgänger-Sätzen beziehen und dann thematischen Wert haben:

Gandhis Kampfmethode war Satjagraha. Das heißt „Macht der Liebe“.

Das Wesen dieser Methode ist die Gewaltlosigkeit. (Tageszeitung)

     Seltener sind explizite vorwärtsweisende (kataphorische) Verflechtungsmittel oder Vorverweise, die den Rezipienten kommende Informationen ankündigen und bestimmte Erwartungen wecken sollen.

Eine Schülerin soll ihre Eindrücke von der Bronzeplastik des Bildhauers Heinrich Apel wiedergeben. Ihr Entwurf lautet > : ...

Noch seltener treten Vertextungsmittel auf, die zugleich rückwärts und vorwärts weisen, und zwar über beide Satzgrenzen hinweg:

Auch Kleinigkeiten, wie unhöfliches Bedienen im Warenhaus, achtloses Verschmutzen der Straßen, lässt sie nicht durchgehen. < Denn >: „Es steht uns doch einfach nicht zu Gesicht.“

2. Verflechtungsabstand:

Verflechtungsbeziehungen zwischen unmittelbar benachbarten Sätzen > Nachbindung.

Wird mit Vertextungsmitteln ein Zusammenhang zwischen nicht benachbarten Sätzen hergestellt, handelt es sich um Distanzverbindungen oder Interdisposition:

Wie bereits an anderer Stelle / im Vorwort festgestellt wurde ...

Diesem Problem wenden wir uns im dritten Kapitel zu.

3. Isotopie- oder Topikketten

Isotopie ist die Hauptform der semantischen Kohärenz (Bedeutungszusammenhang) zwischen den Gliedern eines Textes. Sie beruht auf die semantische Äquivalenz zwischen lexikalischen Elementen eines Textes, die von den wörtlichen Wiederholungen bis zur ausdrücklichen Äquivalenzsetzungen von Einheiten mit sehr entfernten Bedeutungen durch den Textproduzenten im Textablauf reichen.

Durch semantische Äquivalenz verbundene Elemente werden Isotopie- oder Topikketten oder auch nominative Ketten genannt. Ihre wichtigsten Arten sind:

a)  Bedeutungsgleichheit (bei wörtlicher oder flektierter Wiederholung).

b)  Bedeutungsähnlichkeit im engeren Sinne (Synonymie): Auto / Wagen.

c)  Bedeutungsüber- oder -unterordnung (Hyperonym / Hyponym): Weide / Gehölz / Pflanze.

d)  Kohyponymie (Nebenordnung von Artbegriffen ohne Oberbegriff): Apfel, Birne, Pflaume sind Kohyponyme untereinander und Hyponyme des Oberbegriffs Obst.

e)  Bedeutungsgegensatz (Antonymie) mit gemeinsamem Bezugspunkt): bürgerlich / kommunistisch

f)   Bedeutungsumschreibung (Paraphrase): Sonnentau, unscheinbare fleischfressende Pflanze.

g)  Proformen: „Stellvertreterwörter“ mit anaphorischem und kataphorischem Bezug.

h)  Syntaktische Ellipsen: Aus Gründen rationellen Sprachgebrauchs wird auf die Wiederaufnahme sprachlicher Mittel aus Vorgänger-Sätzen ganz verzichtet: -Wo warst’n du?  - Im Garten.

Die Gesamtheit aller einen Text durchziehenden und seine Teile (Texteme) verbindenden Isotopieketten nennt man das Isotopienetz des Textes. Die variierende Zahl der Isotopieglieder (Topiks) in verschiedenen Texten ist ein Ausdruck der Dichte der Textverflechtung.

4. Vertextungstypen und Konnektoren:

Außer durch Isotopieketten wird semantische Kohärenz auch durch semantische Beziehungen zwischen Nachbarsätzen im Text - ähnlich denen zwischen in Satzverbindungen kombinierten Sätzen - gesichert, die mit spezifischen sprachlichen Mitteln (Konjunktionen, Pronominaladverbien, Präpositionalgruppen - hier als Konnektoren zusammengefasst) sprachlich signalisiert sein können, aber auch ohne ausdrückliche sprachliche Kennzeichnung bestehen können.

a)  Kausalverknüpfung (Ursache-Wirkung-Relation): Das Auto fuhr auf einen Baum. Die Straßen waren vereist. (denn)

b)  Motiv-Anknüpfung (Handlung - Beweggrund): Mutter ist in den Keller gegangen. Sie will Kartoffel holen. (denn)

c)  Diagnostische Interpretation (Angabe der Prämissen zu einem Schluß): Es hat Frost gegeben. Die Heizungsröhren sind gesprungen. (denn)

d)  Spezifizierung (Fortschreiten vom Allgemeinen zum Besonderen): Gestern hat es ein Unglück gegeben. Peter hat sich den Arm gebrochen.

e)  Metathematisierung (Verallgemeinerung): Die Felder sind abgeerntet. Die Äpfel sind reif. Das Laub färbt sich. Kurs/Summa summarum: Der Herbst hat begonnen.

f)   Anknüpfung von Voraussetzungen und Bedingungen (Konditionalität): Die Kinder sind in den Zirkus gegangen. Die Oma hat ihnen (dazu, dafür) Geld gegeben.

g)  Zeitliche Beziehung (Gleichzeitigkeit, Vor- oder Nachzeitigkeit): In Geschichte wiederholten wir zu Beginn der Stunde den Stoff der letzten Woche. Dann lasen wir einen Text im Lehrbuch. Anschließend ...

h)  Entgegensetzung (Antithese, Kontrast, Polarisierung): Peter ist ein freundlicher Mensch. Sein Bruder dagegen ist ein mürrischer Griesgram.

i)   Steigerung (Gradation oder Klimax): Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten. (Brecht)

Die umfassende Systematisierung der Typen semantischer Beziehungen und der Konnektoren steht zur Zeit noch aus. Das ist auch dadurch bedingt, dass sie eine sehr allgemeine Semantik haben und durch den Kontext spezifiziert werden. Man kann die Konnektoren als Anweisungen an den Rezipienten bestimmen, beim Inbeziehungsetzen der in den Sätzen enthaltenen Sachverhaltsaussagen entsprechende gedankliche Operationen auszuführen.

5. Indikatoren:

Mit Topikpartnern und Konnektoren wirken die Indikatoren zusammen. Dazu gehören die Artikelformen, Tempora und Modi des Verbs, Wortstellungsvarianten, Komponenten der Satzintonation in der gesprochenen und entsprechende Interpunktionszeichen in der geschriebenen Sprache.

Der Wechsel zwischen unbestimmtem und bestimmtem Artikel im Teiltext signalisiert zugleich den Wechsel zwischen rhematischem und thematischem Wert der Bezeichnung.

Die Wort- und Satzgliedstellung trägt dazu bei, die kommunikative Progression des Textes von einer Thema-Rhema-Einheit zur nächsten Thema-Rhema-Einheit der Satzebene auszudrücken.

Textanfangssätze sind überwiegend kommunikativ ungegliederte Sätze, weil sie meist ausschließlich Neues (Rhematisches) enthalten und beim Rezipienten eine Erwartungshaltung bezüglich des Nachtextes erzeugen. Solche kommunikativ ungegliederten Sätze mit kataphorischem Charakter beginnen in epischer Prosa sehr oft mit nichtdeterminierten Substantiven als Subjekt oder Objekt am Satzanfang: Eine Taube plusterte sich. Eine Feder flog vom Dach. Ein kleiner Vogel fing die Feder im Fluge.

Als kommunikativ zweigliedrig, mit dem Thema beginnend, dem das Rhema folgt, gelten dagegen Sätze, die mit man, einer Temporal- oder Lokalbestimmung beginnen: Man verlangt, dass ich begründe, weshalb ich fernzustudieren begann.

Sätze, die nicht am Textanfang stehen, knüpfen überwiegend an das im Text Vorausgegangene an und führen es durch neue Informationen weiter, woraus sich die Thema-Rhema-Gliederung dieser Sätze ergibt.

Isotopie, Konnektoren und die verschiedenartigen Indikatoren ergeben gemeinsam ein vielfältig ineinandergreifendes und kooperierendes Geflecht, das die einzelnen Sätze sowohl zur Einheit des Textes zusammenschließt als auch seiner kommunikativ-dynamischen Gliederung durch Gliederungssignale Ausdruck verleiht.“

[Sommerfeldt/Starke: Einführung in die Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, S. 298-299 und 300-3007] 

Text (Lat. textum: Gewebe, Geflecht)

Eine sinnvoll zusammenhängende Folge von endlich vielen Sätzen bzw. eine durch Textanfang und Textende begrenzte Folge von kohärenten Sätzen.

In enger Auffassung wird «Text» als geschrieben oder gedruckt vorliegende sprachliche Äußerung verstanden, in weiter Auffassung sind auch Folgen gesprochener Sprache Text; in allgemeinsemiotischer Sicht erscheinen nonverbale bzw. paralinguistische Zeichen, Bilder, Abbildungen, Wort‑Bild‑Komplexe und bestimmte akustische Phänomene als in den Textbegriff eingeschlossen.

Der Text ist als originäre Vorkommensweise von Sprache aufzufassen. Der Zugang zum Text. bzw. zur Textebene kann von unten nach oben (transphrastisch) über die Verflechtung/Verknüpfung von Sätzen oder von oben nach unten durch Ausgliederung von Einheiten kommunikativen Handelns bzw. sprachlichen Verhaltens erfolgen; in beiden Fällen stellt sich das Problem der Identifizierung und Segmentierung von Texteinheiten oder Textgliederungen oberhalb der Satzebene (Absätze, Abschnitte, Paragraphen o.ä.).

Bei der Textkonstitution lassen sich textinterne und textexterne Bedingungen beobachten. Syntaktische und syntaktisch‑semantische Rück‑ und Vorverweise innerhalb des Textes (Anaphorik und Kataphorik) sind notwendige, meist jedoch nicht hinreichende Bedingungen der Textbildung, da letztlich pragmatische Aspekte mit der Referenz auf Wirklichkeitserfahrungen Sinnzusammenhänge konstituieren (vgl. Er ging spazieren. Die Sträucher grünten bereits. Mancher Singvogel war zu vernehmen). Bei der pragmatischen Untersuchung von Texten werden die örtlichen und die zeitlichen (situativen) Bedingungen der Textproduktion sowie deren spezifische Wirkungen nicht nur individuell‑interpretativ, sondern auch soziologisch als institutionalisierte soziale Regeln gesehen, d.h. Text wird immer innerhalb seines Kon‑Textes betrachtet.

Als komplexes Problem hat sich die Differenzierung von Text nach Textsorten oder nach Mengen von Texten mit bestimmter Intention und Funktion sowie mit bestimmten Eigenschaften erwiesen. Vortheoretisch ist eine Einteilung in fiktive bzw. poetische und nichtfiktive bzw. expositorische Texte (erklärende, informierende Texte, auch: Gebrauchstexte). Zu bestimmen ist das Verhältnis von Textsorten zu den literaturwissenschaftlichen Gattungen. Bei der Analyse von Texten gelangen textinterne oder textimmanente (mikrostrukturelle) und textexterne Faktoren berücksichtigende, texttranszendente oder makrostrukturelle Methoden zur Anwendung; Bedeutung kommt strukturell‑informationstheoretischen und semiotischen Verfahren sowie der soziologischen Inhalts‑ bzw. Aussagenanalyse im Rahmen der Massenkommunikationsforschung zu (Interpretation).

Das Interesse von Textlinguistik und Texttheorie richtet sich vor allem auf die Erarbeitung von Textgrammatiken formaler Art und auf Konzeptionen, die den kommunikativen Gesamtprozess von Textproduktion und ‑rezeption auf situativkontextueller und handlungstheoretischer Basis zu erfassen gestatten. Unter dem Aspekt der Performanz wird das Erkennen der Bedingungen wichtig, die die Textverarbeitung steuern.

Der ästhetische oder literarische Text enthält aufgrund seiner spezifischen Struktur und Organisation potentiell Information in besonders hoher Verdichtung, da durch Abweichung vom relativen Automatismus der Umgangssprache sich die Anzahl der Auswahl‑ und Kombinationsmöglichkeiten bei der Sinnerzeugung erhöht. Im Gegensatz zum "Gebrauchstext" wird im ästhetischen Text die Sprache selbst, bzw. das Netz ihrer internen Struktur, im Zusammenhang mit jeweils gegebenen externen Strukturen, zum Informationsträger; es können z.B. Ausdrücke in assoziativen semantischen Netzen Verweischarakter und symbolische Potenz erhalten, die ihnen bei umgangssprachlichem Gebrauch nicht inhärent sind. Dabei schafft die künstlerische Verletzung etablierter Strukturnormen im Zusammenspiel mit bestimmten Rezeptionsbedingungen ein besonderes Spannungsfeld.”

[Lewandowski, Th.: “Text”. In: Braun, Edmund / Radermacher, Hans: Wissenschaftstheoretisches Lexikon. Graz / Wien / Köln: Styria Verlag, 1978, S. 596-597]

Text ist mehr als der Titel für das Gegenstandsfeld der Literaturforschung. Interpretation ist mehr als die Technik der wissenschaftlichen Auslegung von Texten. Beide Begriffe haben im 20. Jahrhundert ihren Stellenwert im Ganzen unserer Erkenntnis- und Weltgleichung gründlich verändert.“

[Gadamer, Hans-Georg: “Text und Interpretation” (1983). In: Grondin, Jean (Hrg.): Gadamer-Lesebuch. Tübingen: Mohr, 1997, S. 148]

„Man versteht von da den Aufstieg des Begriffs der Interpretation. Das ist ein Wort, das ursprünglich auf das Vermittlungsverhältnis, auf die Funktion des Mittelsmanns zwischen Sprechen verschiedener Sprachen ging, d.h. also auf den Übersetzer, und wurde dann von dort auf die Aufschließung von schwerverständlichen Texten überhaupt übertragen. In dem Moment, in dem sich die Zwischenwelt der Sprache dem philosophischen Bewusstsein in ihrer prädeterminierenden Bedeutung darstellte, mussten nun auch in der Philosophie Interpretation eine Art Schlüsselstellung einnehmen. Die Karriere des Wortes begann mit Nietzsche und wurde gleichsam zur Herausforderung allen Positivismus. Gibt es das Gegebene, von dessen sicheren Ausgangspunkten aus die Erkenntnis nach dem Allgemeinen, dem Gesetz, der Regel sucht und darin ihre Erfüllung findet? Ist das Gegebene nicht selbst Resultat einer Interpretation? Interpretation ist es, was zwischen Mensch und Welt die niemals vollendbare Vermittlung leistet, und insofern ist es die einzig wirkliche Unmittelbarkeit und Gegebenheit, dass wir etwas als etwas einzig wirkliche Unmittelbarkeit und Gegebenheit, dass wir etwas als etwas verstehen. Der Glaube an die Protokollsätze als das Fundament aller Erkenntnis hat auch im Wiener Kreis nicht lange gewährt. Die Begründung der Erkenntnis kann selbst im Bereich der Naturwissenschaften der hermeneutischen Konsequenz nicht ausweichen, dass das so genannte Gegebene von der Interpretation nicht ablösbar ist.

Erst in deren Lichte wird etwas zu einer Tatsache und erweist sich eine Beobachtung als aussagekräftig. Radikaler noch hat Heideggers Kritik den Bewusstseinsbegriff der Phänomenologie und – ähnlich wie Scheler – den Begriff der «reinen Wahrnehmung» als dogmatisch entlarvt. So wurde im so genannten Wahrnehmen selber das hermeneutische Etwas-als-etwas-Verstehen aufgedeckt. Das aber heißt in letzter Konsequenz, dass Interpretation nicht eine zusätzliche Prozedur des Erkennens ist, sondern die ursprüngliche Struktur des «In-der-Welt-Seins» ausmacht.

Aber heißt das, dass Interpretation ein Einlegen von Sinn und nicht ein Finden von Sinn ist? Das ist offenbar die durch Nietzsche gestellte Frage, die über Rang und Reichweite der Hermeneutik wie über die Einwände ihrer Gegner entscheidet. Jedenfalls ist festzuhalten, dass erst vom Begriff der Interpretation aus dem Begriff des Textes sich als ein Zentralbegriff in der Struktur der Sprachlichkeit konstituiert; das kennzeichnet ja den Begriff des Textes, dass er sich nur im Zusammenhang der Interpretation und von ihr aus als das eigentlich Gegebene, zu Verstehende darstellt. [...] Aber in solcher Berufung auf das, was da steht, bleibt doch der Text der feste Bezugspunkt gegenüber der Fragwürdigkeit, Beliebigkeit oder mindestens Vielfältigkeit der Interpretationsmöglichkeiten, die sich auf den Text richten.

Das hat wiederum seine Bestätigung in der Wortgeschichte. Der Begriff ‘Text’ ist wesentlich in zwei Zusammenhängen in die modernen Sprachen eingedrungen. Einerseits als der Text der Schrift, deren Auslegung in Predigt und Kirchenlehre betrieben wird, so dass der Text die Grundlage für alle Exegese darstellt, alle Exegese aber Glaubenswahrheiten voraussetzt. Der andere natürliche Gebrauch des Wortes ‘Text’ begegnet uns im Zusammenhang mit der Musik. Da ist es der Text für den Gesang, für die musikalische Auslegung der Worte, und insofern auch dies nicht so sehr ein vorgegebenes, als ein aus dem Vollzug des Gesanges Ausfallendes. Diese beiden natürlichen Verwendungsweisen des Wortes Text weisen – wohl beide – auf den Sprachgebrauch der spätantiken römischen Juristen zurück, die nach der justinianischen Kodifizierung den Gesetzestext gegenüber der Strittigkeit seiner Auslegung und Anwendung auszeichnen. Von da hat das Wort überall dort Verbreitung gefunden, wo etwas der Einordnung in die Erfahrung Widerstand leistet und wo der Rückgriff auf das vermeintlich Gegebene eine Orientierung für das Verständnis geben soll.

Die metaphorische Rede von dem «Buch der Natur» beruht auf dem selben. Das ist das Buch, dessen Text Gott mit seinem Finger geschrieben hat und den der Forscher zu entziffern bzw. durch seine Auslegung lesbar und verständlich zu machen berufen ist. So finden wir überall – und nur dort, wo mit einer primären Sinnvermutung an eine Gegebenheit herangetreten wird, die sich nicht widerstandslos in eine Sinnerwartung einfügt, den hermeneutischen Bezug zu den Textbegriff am Werk. Wie eng Text und Interpretation ineinander verwoben sind, kommt vollends daran heraus, dass auch ein überlieferter Text nicht immer das für die Interpretation Vorgegebene ist. Oft ist es ja die Interpretation, die zur kritischen Herstellung des Textes führt. Wenn man sich dieses innere Verhältnis von Interpretation und Text klarmacht, erzielt man einen methodischen Gewinn.

Der methodische Gewinn, der sich aus diesen an der Sprache gemachten Beobachtungen ergibt, liegt darin, dass «Text» hier als ein hermeneutischer Begriff verstanden werden muss. Das will sagen, dass er nicht von der Perspektive der Grammatik und der Linguistik her, d.h. nicht als das Endprodukt gesehen wird, auf das hin die Analyse seiner Herstellung unternommen wird, in der Absicht, den Mechanismus aufzuklären, kraft dessen Sprache als solche funktioniert, im Absehen von allen Inhalten, die sie vermittelt. Vom hermeneutischen Standpunkt aus – der der Standpunkt jeden Lesers ist – ist der Text ein bloßes Zwischenprodukt, eine Phase im Verständigungsgeschehen, die als solche gewiss auch eine bestimmte Abstraktion einschließt, nämlich die Isolierung und Fixierung eben dieser Phase. Aber diese Abstraktion geht ganz in die umgekehrte Richtung als die dem Linguisten vertraute. Der Linguist will nicht in die Verständigung über die Sache eintreten, die in dem Text zur Sprache kommt, sondern in das Funktionieren von Sprache als solche Licht bringen, was immer auch der Text sagen mag. Nicht, was da mitgeteilt wird, macht er zum Thema, sondern wie es überhaupt möglich ist, etwas mitzuteilen, mit welchen Mitteln der Zeichensetzung und Zeichengebung das vor sich geht.

Für die hermeneutische Betrachtung dagegen ist das Verständnis des Gesagten das einzige, worauf es ankommt. Dafür ist das Funktionieren von Sprache eine bloße Vorbedingung. So ist als erstes vorausgesetzt, dass eine Äußerung akustisch verständlich ist oder dass eine schriftliche Fixierung sich entziffern lässt, damit das Verständnis des Gesagten oder im Text Gesagten überhaupt möglich wird. Der Text muss lesbar sein.

Nun gibt uns dafür der Sprachgebrauch wiederum einen wichtigen Wink. Wir reden auch in einem anspruchsvolleren Sinne von «Lesbarkeit» eines Textes, wenn wir damit eine unterste Qualifikation bei der Würdigung eines Stils oder bei der Beurteilung einer Übersetzung aussprechen wollen. Das ist natürlich eine übertriebene Rede. Aber sie macht die Dinge, wie das so oft bei Übertragungen der Fall ist, vollends klar. Ihre negative Entsprechung ist die Unlesbarkeit, und das meint immer, dass der Text als schriftliche Äußerung seine Aufgabe nicht erfüllt, die darin besteht, ohne Anstoß verstanden zu werden. Es bestätigt sich damit, dass wir immer schon auf das Verstehen des im Text Gesagten vorausblicken. Erst von da aus gewahren und qualifizieren wir überhaupt einen Text als lesbar.

Aus der philologischen Arbeit ist das als die Aufgabe, einen lesbaren Text herzustellen, wohl bekannt. Es ist aber klar, dass diese Arbeit sich immer nur so stellt, dass dabei schon von einem gewissen Verständnis des Textes ausgegangen wird. Nur wo der Text schon entziffert ist und der entzifferte Text sich nicht anstandslos ins Verständliche umsetzen lässt, sondern Anstoß gibt, fragt man danach, was eigentlich dastehe und ob die Lesung der Überlieferung bzw. die gewählte Lesart richtig war. [...] So lässt sich zusammenfassend sagen: Was der Linguist zum Thema macht, indem er von der Verständigung über die Sache absieht, stellt für die Verständigung selbst einen bloßen Grenzfall möglicher Beachtung dar. Was den Verständigungsvollzug trägt, ist im Gegensatz zur Linguistik geradezu Sprachvergessenheit, in die die Rede oder der Text förmlich eingehüllt ist. Nur wenn dieselbe gestört ist, d.h. wo das Verständnis nicht gelingen will, wird nach dem Wortlaut des Textes gefragt und kann die Erstellung des Textes zu einer eigenen Aufgabe werden. Im Sprachgebrauch unterscheiden wir zwar zwischen Wortlaut und Text, aber dass die beiden Bezeichnungen immer auch für einander eintreten können, ist nicht zufällig. (Auch im Griechischen geht Sprechen und Schreiben im Begriff der Grammatikē zusammen.) Die Ausdehnung des Textbegriffes ist vielmehr hermeneutisch wohlbegründet. Ob mündlich oder schriftlich, in jedem Falle bleibt das Textverständnis von kommunikativen Bedingungen abhängig, die als solche über den bloßen fixierten Sinngehalt des Gesagten hinausreichen. Man kann geradezu sagen: dass man überhaupt auf den Wortlaut bzw. auf den Text als solchen zurückgreift, muss immer durch die Besonderheit der Verständigungssituation motiviert sein.”

[Gadamer, Hans-Georg: “Text und Interpretation” (1983). In: Grondin, Jean (Hrg.): Gadamer-Lesebuch. Tübingen: Mohr, 1997, S. 150-153]

Text und Werk

Seit einiger Zeit spielt die Unterscheidung zwischen Text und Werk in der literaturtheoretischen Diskussion eine wichtige Rolle; die AMBIGUITÄT der beiden Begriffe konnte sie jedoch nicht ganz aufheben.

In seinem Artikel 'Texte' in der Encyclopaedia Universalis unterscheidet Roland Barthes zwischen dem Werk, einem 'fertigen Objekt, etwas Berechenbarem, das einen physischen Raum einnimmt', und dem Text, einem 'methodologischen Feld': 'Das Werk hält man in der Hand, der Text liegt in der Sprache.' Barthes schlägt dafür noch eine alternative Beschreibung vor:

[W]enn man das Werk zur Sprache heterogen definiert (vom Format des Buches bis zu den sozialhistorischen Bedingungen, unter denen das Buch entstanden ist), dann sind Text und Sprache vollkommen homogen: der Text ist nichts anderes als Sprache und kann nur durch eine von ihm selbst verschiedene Sprache existieren. Anders ausgedrückt 'ist der Text nur in einer Arbeit, einer Produktion manifest': durch die 'signifiance'. (1968, 1015; zu signifiance siehe den Eintrag ZEICHEN.)

In der Literaturwissenschaft spricht man heute im allgemeinen von einem Werk nicht in dem Sinne, wie Barthes es definiert, sondern versteht darunter eine von ihrer physischen Existenz unabhängige literarische Komposition (Hamlet würde als Werk auch dann existieren, wenn es keine physische Kopie mehr davon gäbe, solange sich nur irgendjemand an die Wörter erinnert, aus denen es besteht, und diese weitergibt.) Nach Barthes' Definition ist es zweifelhaft, ob man auch schon von Hamlet als Werk sprechen konnte, als es erst auf der Bühne aufgeführt worden war und es noch kein verbindliches 'fertiges Objekt' gegeben hatte, das den Titel Hamlet trug und das man in der Hand halten konnte. Barthes' Text‑ bzw. Werkbegriff ist natürlich im Zusammenhang damit zu sehen, dass seiner Meinung nach der AUTOR tot ist, und er dem LESER entsprechend mehr Macht, Ansehen und Freiheit einräumt. Während das Werk durch eine Nabelschnur mit dem Autor verbunden bleibt, führt der Text eine gewissermaßen parthenogenetische Existenz, über die sein Erzeuger keine Macht mehr hat.

In der Praxis werden die beiden Begriffe heute aber ganz verwendet: Als Text bezeichnet man im allgemeinen ein literarisches oder anderes (nicht unbedingt sprachliches oder verbales) Werk ohne die traditionellen Vorurteile hinsichtlich Autonomie, auktorialer Macht, künstlerischer oder ÄSTHETISCHER Kraft und so fort. Das impliziert vielfach die Forderung, die Unterscheidung zwischen literarischen und nicht‑literarischen Texten zu relativieren bzw. ganz aufzugeben. Mieke Bal etwa definiert einen Text für ihre Zwecke als 'ein endliches, strukturiertes Ganzes, das aus sprachlichen Zeichen bestellt' (1985, 5) – was auf eine politische Rede ebenso zutrifft wie auf einen Roman. Mit dem Begriff Werk werden dagegen zweifellos traditionellere Inhalte assoziiert, was sich etwa auch darin äußert, dass Mieke Bal den Begriff in ihrer Einführung in die Erzähltheorie (De theorie van vertellen en verhalen) nicht weiter definiert. Im heutigen literaturwissenschaftlichen Sprachgebrauch wird, so könnte man zusammenfassend sagen, ein von vielen seiner traditionellen Attribute befreites Werk als Text bezeichnet – eine Definition, die auch auf viele nicht‑literarische (oder sogar nicht‑sprachliche) Produktionen zutrifft.

Die Textlinguistik, eine Disziplin der Linguistik, ist in vielerlei Hinsicht der Diskursanalyse sehr ähnlich (ein Begriff, der seinerseits, wie im Eintrag DISKURS dargelegt, keineswegs nur in einer einzigen Bedeutung verwendet wird). Für Michael Stubbs (1983) sind die Begriffe Text und Diskurs mehr oder weniger gleichbedeutend, während andere Autoren, wie Stubbs auch anmerkt, hier sehr wohl Unterscheidungen treffen: entweder zwischen dem schriftlichen Text und dem mündlichen Diskurs; oder zwischen dem nicht‑interaktiven Text und dem interaktiven Diskurs (siehe dazu das Zitat aus Leech und Short weiter unten); oder zwischen dem Text, der kurz oder lang sein mag, und dem Diskurs, der immer eine gewisse Länge impliziert; oder zwischen dem Text, der eine Oberflächenkohäsion aufweist, und dem Diskurs, der eine tiefer liegende Kohärenz aufweist. Einige Autoren, so Stubbs weiter, unterscheiden zwischen dem abstrakten theoretischen Konstrukt und der PRAGMATISCHEN Realisierung, sind sich allerdings, was für zusätzliche Verwirrung sorgen mag, nicht darüber einig, was davon als Text zu bezeichnen ist. Grundsätzlich ist die Textlinguistik jedoch ein weiteres Gebiet als die Diskursanalyse und umfasst unter anderem auch Elemente der STILISTIK und der ERZÄHLTHEORIE. Geoffrey Leech und Michael Short treten, wie bereits erwähnt, auch für eine Unterscheidung zwischen Text und Diskurs ein:

Ein Diskurs ist eine sprachliche Kommunikation, die nur als Transaktion zwischen Sprecher und, Zuhörer aufgefasst wird, als zwischenmenschliche Tätigkeit, deren Form durch ihren sozialen Zweck bestimmt wird. Ein Text ist eine sprachliche Kommunikation (in schriftlicher oder mündlicher Form), die nur als in ihrem jeweiligen (akustischen oder visuellen) Medium codierte Botschaft, aufgefasst wird. (1981, 209)

Der springende Punkt ist hier die Gegenüberstellung von 'nur als Botschaft' aufgefasster Kommunikation und 'Transaktion zwischen Sprecher und Zuhörer'. Das heißt, dass dieselben Wörter sowohl einen Text darstellen können, nämlich wenn sie nur als Botschaft aufgefasst werden, als auch ein Element in einem Diskurs, wenn sie als Transaktionsträger zwischen Sprecher und Zuhörer aufgefasst werden. Spricht man von einem Text, heißt das also, dass man sich auf die verwendete Sprache konzentriert und den Kontext, in dem sie verwendet wird, ignoriert oder zumindest als weniger wichtig bewertet. Versucht man nun aber zu definieren, was mit 'nur als Botschaft' gemeint ist, steht man vor einem Problem, denn, so könnte der nicht unbegründete Einwand lauten, um etwas (auch 'nur') als Botschaft aufzufassen, muss man auf jeden Fall irgendeinen Kontext postulieren, nachdem eine Botschaft nicht nur auf Grund ihrer sprachlichen Eigenschaften als Botschaft definiert wird, sondern vor allem auf Grund ihrer Funktion als Botschaft. 'Verschwinde!' ist nur dann eine Botschaft, wenn damit eine Information von einem Ursprung zu einem Ziel transportiert werden soll: wenn es als Beispiel für die deutsche Rechtschreibung dienen soll, ist es keine Botschaft. (Im Duden der deutschen Sprache (1976) wird Botschaft definiert als 'wichtige, für den Empfänger bedeutungsvolle Nachricht [die durch einen Boten überbracht wird]', was sehr nach 'Transaktion zwischen Sprecher und Zuhörer' klingt.)

In ihrer Einführung in die Textlinguistik (1981) nennen Beaugrande und Dressler sieben Kriterien für Textualität: Kohäsion und Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Situationalität, Informativität und Intertextualität. Diese Definition ist zwar relativ brauchbar, deckt sich aber nicht mit der heute üblichen Definition eines (literarischen) Werkes. (Meist werden diese Kriterien zwar die notwendige Voraussetzung dafür sein, um eine Gruppe von Wörtern als literarischen Text oder literarisches Werk zu bezeichnen, vielfach wird man aber noch auf die Erfüllung weiterer Bedingungen pochen: künstlerische oder ästhetische Qualität, die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen hinsichtlich GENRE, FIKTIONALITÄT oder einer Form modifizierter REFERENZ etc.)

Die Frage, wo ein Text (oder ein Werk) endet und ein anderer Text (oder ein anderes Werk) beginnt, wird überraschend wenig diskutiert. Sogar jene, die vom Tod des Autors überzeugt sind, sind oft bereit, diese Entscheidung dem Autor zu überlassen. In Textvarianten sieht man im Allgemeinen wohl verschiedene Texte, aber nur die Modifikation ein und desselben Werkes, doch bedarf auch dieser Punkt, der von der Literaturtheorie bisher kaum behandelt worden ist, noch einer endgültigen Klärung. (Jerome McGann ist einer der wenigen, der sich in mehreren seiner Schriften theoretisch mit diesen und verwandten Fragen beschäftigt.)

Textualismus 1982 schrieb Richard Rorty:

Im vergangenen Jahrhundert behaupteten einige Philosophen, dass es nichts außer Ideen gäbe. In unserem Jahrhundert nun schreiben einige Autoren so, als ob es nichts außer Texten gäbe. (1982, 139)

Zu diesen Autoren, die er als 'Textualisten' bezeichnet, zählt Rorty 'die so genannte "Yale‑Schule" der Literaturkritik' mit Harold Bloom, Geoffrey Hartmann, J. Hillis Miller und Paul de Man; französische POSTSTRUKTURALISTEN wie Jacques Derrida und Michel Foucault, Historiker wie Hayden White und Sozialwissenschaftler wie Paul Rabinow.

Nach Rorty haben diese Autoren folgendes gemein: (i) eine antagonistische Haltung der Naturwissenschaft gegenüber und (ii) die Überzeugung, dass man das menschliche Denken und die menschliche Sprache niemals mit 'der reinen, unvermittelten Wirklichkeit' vergleichen kann (1982, 139). Diese Position bezeichnet Rorty als Textualismus, als zeitgenössisches Gegenstück zum Idealismus, und seine Verfechter als die geistigen Nachfahren der Idealisten (1982, 140).“

[Hawthorn, Jeremy: Grundbegriffe moderner Literaturtheorie. Tübingen und Basel: Francke, 1994]

„Bekanntlich gibt es zahlreiche Versuche, den «'Begriff des ‘Textes' ... von dem der 'Schrift' zu befreien, und so eine allgemeine Hermeneutik zu konstruieren» (Ricoeur, P.: Die Interpretation. Ein Versuch über Freud. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1969, S. 253), zum Beispiel auch bei Clifford Geertz: «Kultur als eine Montage von Texten ...» (Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1987, S. 253), «kulturelle Formen als Texte, als aus sozialem Material geschaffene Phantasiebildungen ...» (ebenda: 254). Oder Derrida: «Das, was ich Text nenne, ist alles, ist praktisch alles. Es ist alles, das heißt, es gibt einen Text, sobald es eine Spur gibt, eine differentielle Verweisung einer Spur auf die andere ... der Text beschränkt sich folglich nicht auf das Geschriebene, auf das, was man Schrift nennt im Gegensatz zur Rede ... Der Text ist diese Offenheit ohne Grenzen der differentiellen Verweisung» (“Jacques Derridas Randgänge der Philosophie. Ein Gespräch von Peter Engelmann mit Jacques Derrida”. In: Jeff Bernard (Hg.): Semiotica Austriaca. Wien: 1987).

Zu betonen ist, dass im Beispiel von Strauss wie auch im Textbegriff von Derrida in gewisser Hinsicht der Unterschied zwischen Synchronie und Diachronie aufgehoben ist. Der Text wird zwar diachron geschrieben und gelesen, liegt aber synchron vor und gehört zweifellos auch von seiner Struktur her eher zur synchronen Ordnung eines («nichtlinearen») Netzwerks, eines «holistischen Ganzen». Im Bereich der Magie wäre das Komplement zur Zukunftsweissagung, zur diachronen, zeitlichen Hellsichtigkeit die Telepathie oder synchrone, räumliche Hellsichtigkeit. Es stellt sich die Frage, ob der Begriff des Symbolischen oder der Kultur als Text auch zur Erhellung von diachronen magischen Phänomenen dienen könnte. Der verwandte Begriff der Spur bei Derrida trägt ja Spuren des Freudschen Begriffs der Nachträglichkeit. Wenn man nun noch berücksichtigt, dass dieses symbolische Netz, das alles verbindet, und in dem alles auf alles verweist, im Unbewussten anzusiedeln wäre, das, nach Freud, zeitlos ist, relativieren sich tatsächlich synchrone und diachrone Achse. Freud selber deutet solche Zusammenhänge an, zwischen Telepathie und Unbewusstem, zwischen Telepathie und unbewusster «Zeitlosigkeit», zwischen Telepathie und Traum.”

[Signer, David: Konstruktionen des Unbewussten. Die Agni in Westafrika aus ethnopsychoanalytischer und poststrukturalistischer Sicht. Wien: Passagen Verlag, 1994, S. 144]

«Für die Alexandriner wird Homer zum Buch der Bücher. Für die chinesischen Gelehrten steht alles Wißbare in den Klassikern. Für Averroes hat Aristoteles den Horizont des Wissens ein für alle Mal abgeschritten. Alexander Kojève ist mit Hegel die Geschichte des Denkens an ihrem absoluten Ende angelangt. Die Juden sprechen von “Ende der Prophetie” und definieren damit die Grenzen des hebräischen Kanons die Muslime sprechen von der “Schließung des Tores” und ziehen damit die Grenze der deuterokanonischen Tradition.

Kommentar im strengen Sinne setzt Unfortschreibbarkeit voraus. Der bloße Akt des Kommentierens schreibt einem Text diese End-Gültigkeit zu. Ein Text wird kommentiert, wenn er einerseits von bleibender Verbindlichkeit, andererseits aber nicht durch redaktionelle Eingriffe modernisierbar oder durch neue Texte ersetzbar ist. Im Sprachgebrauch der Philologie ist “Text” ein relativer Begriff und steht im Gegensatz zum “Kommentar”. Ein Gedicht, ein Gesetzt, ein Traktat usw. werden überhaupt erst zu einem Text im strengen Sinne der Philologie, wenn sie Gegenstand eines Kommentars werden. Der Kommentar macht den Text zum Text.

Texte in diesem Sinne scheint es in Ägypten – vielleicht mit der einen Ausnahme des 17. Totenbuchkapitels – nicht gegeben zu haben. Hier finden wir zwar die getreuliche Pflege alter Texte, gleichzeitig aber auch die Entstehung immer neuer Texte, die sich zu den alten nicht metatextuell verhalten, sondern die Gattung auf gleicher Ebene weiterführen. Die Entstehung von Kommentaren setzt jene Trennlinie voraus, die den Traditionsstrom stillstellt und streng in Zentrum und Peripherie gliedert. Keine dieser Bedingungen für das Auseinandertreten des Traditionsstroms in Texte und Kommentare ist im vorhellenistischen Ägypten gegeben.»

[Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Verlag CH Beck, Beck'sche Reihe Bd. 1307, 1999, S. 175-176]

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